Licht am Ende

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ilse

Es endete mit einer Taschenlampe in meinem Gesicht nachts um halb fünf. „Können Sie bitte rauskommen?“, sagte eine Stimme.

„Was?“, sagte ich.

„Sie sollen rauskommen“, sagte eine andere Stimme im Hintergrund.

„Entschuldigung, was ist los?“

„Jetzt kommen Sie mal raus.“, sagte wer, ich zitterte sofort. Ich kannte diesen Tonfall. Das war ein Tonfall, der Rippen bricht, wenn es sein muss.

Also kam ich raus, vor mir standen zwei Polizeibeamte und Ilse, beide auf ihre Art in voller Montur.

„Was machen Sie hier?“, fragte die eine Beamtin.

„Ich habe geschlafen.“ Ich versuchte mir eine Zigarette anzuzünden, „Könnten Sie das BITTE lassen“, sagte der Beamte, warum, fragte ich, „Ich sagte BITTE“, sagte der Beamte. Also öieß ich es. Früher hätte ich es nicht gelassen, dachte ich, und was ich auch dachte, war: Wichser. Früher hätte ich das ausgesprochen.

„Wer sind Sie denn?“, fragte mich die Beamtin, was soll man darauf antworten.

„Was wollen Sie von mir?“, fragte ich.

„Die Dame sagt, Sie würden sich unrechtmäßig hier aufhalten. Sind Sie der Betreuer?“

„Ich bin der Mitbewohner“, sage ich.

Ilse steht die ganze Zeit daneben und kuckt freundlich. Ein bisschen stolz bin ich auf sie: sie hat den ganzen Weg zur Polizei allein gefunden und denen auch sagen können, wo sie wohnt. Gut gemacht, aber auch: wtf. Klar, sie ist sehr enttäuscht, dass ich künftig weniger Zeit haben werde, mag die Leute vom Pflegedienst nicht und auch nicht, dass ihr jetzt täglich Essen gebracht wird; all diese Veränderungen sind scheißescheißescheiße. Zwei Wochen lang bin ich dafür täglich mehrfach angeschrieen worden, ich dachte, das legt sich wieder.

Aber da steh ich nun, Kippe in der Hand, die ich nicht anmachen darf. ob ich einen Untermietvertrag hätte, werde ich gefragt, ich nicke. „Heißt das ja“, fragt der Typ, man müsste ihm eine reinhauen. „Nicken heißt gemeinhin ja“, sage ich, die sollen mich schlafen lassen, ich kriege immer sehr schlechte Laune, wenn man mich nicht schlafen lässt.

Ilse merkt so langsam, dass das nicht in die von ihr gewünschte Richtung geht. Völlig unvermittelt fängt sie an zu schimpfen: „Du Dreckskerl, Du Arschloch, lässt mich hier sitzen, Du woderliches Biest!“

So langsam dämmert den beiden Leuchten, womit sie es zu tun haben, aber nur ein wenig. „Ich mache Sie darauf aufmerksam“, sagt die Beamtin zu Ilse, „dass Beleidigungen eine Straftat sind.“

„Weggehen will er, der Dreckskerl, diese miese Ratte!“, schreit Ilse aufgebracht.

„Komm, das bringt hier nichts“, sagt der Beamte. Und, zu mir hin: „Schönen Tag noch.“

Alle Parteien verlassen den Flur, die Polizei geht zur Tür hinaus, Ilse wütet in ihrem Zimmer, ich liege in meinem Bett und beschließe, dass es das war. Es reicht. Am nächsten Tag ziehe ich aus.

Ich gehe nicht ganz, ich komme täglich, um nach ihr zu sehen. Ich bringe Kuchen und lasse mich Dreckskerl rufen. Nach kurzer Zeit spaltet sie mich: Ich sei ja sehr nett, viel netter als das Arschloch, das zuvor bei ihr gewohnt habe. Ob ich nicht bei ihr einziehen wolle.

Ich lehne höflich ab.

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