Alle Artikel in: dorfjugend

Maul

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dorfjugend

Herr Enz war von allen Lehrer*innen, die ich je hatte, sicher eine*r der miesesten. Im Grunde war er eine bemitleidenswerte Person, immer leicht gebeugt gehend, die kleinkarierten Hemden akkurat in der Hose verstaut, die Hände so oft es ging in den Taschen. Er war gleichermaßen ängstlich und cholerisch, und in seiner Freizeit schrieb er Gedichte. Die Sorte Mann, für die sich Heinz Strunk besonders interessiert. Wenn wir Freitag Nachmittag die 30 Kilometer nach Ravensburg stoppten, […]

summer jam

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Mein heißester Sommer war im Jahr 2000. Sechs Wochen lang arbeitete ich in einer Verzinkerei in einem Nachbarort. Der Bau war aus den 20ern, eine wellblechüberdachte Halle. Im hinteren Teil lag das Zinkbad, eine riesige Wanne, in der das Zink auf mehrere hundert Grad erhitzt wurde. Da kam dann das Zeug rein, Stahlträger zum Beispiel, Treppengeländer, alles mögliche. Das wurde dann an einem Laufkran nach vorne befördert, und wenn es gut lief, dann musste man […]

Wie ich einmal für die Sexualaufklärung einer ganzen Schulklasse gesorgt habe

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Ich bin im Allgäu aufgewachsen, auf dem Dorf. Es ist ein sehr katholischer Flecken Erde, an jeder Straßenkreuzung sprießt ein Flurkreuz. Ich habe dort Bürgermeisterwahlkämpfe erlebt, da haben Kandidaten versprochen, ihre Freundin zu heiraten, weil ein Pfarrer in einer Sonntagspredigt moniert hatten, dass sie in Sünde lebten. Und das waren nicht die chancenlosen Schießbudenfiguren, sondern die Leute von der CDU. Es ist auch ein sehr reicher Landstrich. Es ist ein Doppelgaragen-Landstrich, wo es normal ist, […]

Drei Kreuze

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Ich hasse Kirchtürme. Es ist kein abstrakter Hass, er ist biografisch erworben. Als ich 17 war, wollte ich den Führerschein machen; dafür brauchte ich Geld; also musste ich arbeiten gehen. Am meisten Geld gab es bei einem Stukkateurbetrieb, Gerüstbau, alles klar, dachte ich, dann halt das. Ich bin, nunja, eher schmal. BMI um die 20. Unteres Normalgewicht, im allgemeinen unauffällig. Als ich aber am ersten Arbeitstag auf dem Parkplatz stand, morgens um sechs, und nach […]

Peinland

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Am 06. April 1941, vor 80 Jahren hat Deutschland Griechenland überfallen. Ich hatte einen Onkel – er war kein Familienonkel, er war ein Freund meiner Großeltern – der an dem Überfall teilnahm, und zwar in einer Einheit – ich habe das später mal nachgschlagen – die Partisanen bekämpft hat. Er hat die Zeit dort sehr genossen und wäre wohl nie das geworden, was er wurde, hätte er nicht damals an dieser Operation teilgehabt. Partisanen bekämpft, […]

1 2 Polizei oder Warum ich keinen Führerschein habe

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Dass ich schlussendlich doch nicht den Führerschein gemacht habe: dafür mache ich die Erfinder*innen von Übergangsjacken verantwortlich. Ich besaß zu jener Zeit, also mit 17, drei Jacken: eine für den Winter, eine für Regen und eine aus Stoff. Letztere war hellbeige, fast weiß, und vor allem hatte sie acht Taschen. Ich nutzte sie fast nie, auch weil es mir wie ein unnötiger Luxus vorkam: bis heute weiß ich nicht, warum man überhaupt mehr als zwei […]

Baseballschlägerjahre

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An die deutsche Einheit habe ich eine Niere verloren. Das war die kurze Version. Jetzt die lange. Ich bin ein Dorfkind, deswegen habe ich viel Zeit meiner Jugend in Vereinen verbracht. Auch und gerade in Fußballvereinen. Ich war ein Frickler, ein Dribbler, einer, der den Gegner dreimal tunneln konnte, aber so langsam gleichzeitig, dass der Gegner jedesmal die Zeit hatte, nach dem Tunnel wieder zurückzukommen, bevor ich den entscheidenden Pass spielen konnte. Meine Trainer wussten […]